Arbeitszeit

Unklare Pflichtstundenregelung

In nahezu allen Bundesländern (Ausnahme Hamburg) ist die Arbeitszeit der Lehrkräfte über die sog. 'Pflichtstunden' geregelt, d.h. die Lehrkraft muss, je nach Schulform verschieden, eine bestimmte Anzahl von Unterrichtsstunden geben. Die Menge der Stunden ist dabei in den verschiedenen Bundesländern höchst unterschiedlich geregelt, eine bundesweite 'Gerechtigkeit' ist dabei aber kaum oder nur mit Mühe zu erkennen, sieht man davon ab, dass in der Regel weiterführende Systeme (Lehrkräfte mit einer Qualifikation für die SekII) weniger Stunden geben müssen als z.B. Grundschulehrkräfte - aber auch das ist alles andere als bundesweit einheitlich geregelt. Auch die Klassengrößen - die ja mittelbar auch den Umfang der Arbeitszeit bestimmen (z.B. Korrekturen) ist deutschlandsweit äußerst verschieden - z.B. in einem sozialen Brennpunkt in HH beträgt diese 17-19 SuS, während in einer ähnlich strukturierten Kommune in BaWü dort 28 Kinder sitzen.

Größtest Problem darüber hinaus ist allerdings, dass alle zusätzlichen Arbeiten, wie Konferenzen, Übernahme von Verantwortungen, Projekte, Schüleraustausch etc. etc. 'irgendwie' in den Pflichtstunden enthalten sind und so unterschiedliches Engagement bzw. Verantwortungsübernahme der Beschäftigten sich nicht in den Arbeitszeiten abbildet. Einzige Ausgleichmöglichkeit seitens der Schulleitungen sind die Vergabe von in der Arbeitszeitverordnung der Länder vorgesehenen, definierten 'Entlastungsstunden' für die Betreuung von Sammlungen, Fachleitungen oder dergl..


Teilzeitmodelle

Allerdings sind die Rahmenbedingungen für die Wahl von unterschiedlichsten Teilzeit-Verpflichtungen im Lehrerberuf bundesweit vorbildlich: Denn wohl in kaum einem anderen Beruf sind verschiedenste Teilzeitmodelle mittlerweile so etabliert:


Je nach Bundesland zwar im Einzelnen verschieden können die Lehrkräfte den Umfang ihrer Arbeit selbst bestimmen – natürlich reduziert sich proportional auch das Gehalt und die Altersversorgung. Einzige Bremse ist die rechtliche Möglichkeit der Dienstvorgesetzten, die gewünschte Teilzeit (bei beamteten Lehrkräften!) aus Gründen der Unterrichtsversorgung nicht zu genehmigen, allerdings ist eine solche Entscheidung mitbestimmungspflichtig und würde in der Regel auch innerhalb der Kollegien ziemlich böses Blut machen.

In den meisten Bundesländern, die die Arbeitsbemessung nach Pflichtstunden organisieren, wird also bei einer vollen Stelle ein Deputat von z.B. 26 Unterrichtsstunden erwartet, so hat eine 50%ige Stelle dann 13 Unterrichtsstunden zu absolvieren. Auch andere Arbeitsverpflichtungen von z.B. 16 oder 18 Unterrichtsstunden wären denkbar, das Gehalt usw. betrüge dann 16/26tel oder 18/26tel.

In Hamburg gibt es auf Grund des sog. Arbeitszeitmodells eine noch differenziertere Regelung, hier geben die Lehrkräfte lediglich eine Prozentzahl an (z.B.  30% oder 72%), die zu leistende Arbeit kann dann je nach den zugeteilten Klassen und zugeteilten sonstigen Aufgaben sich sehr verschieden zusammensetzen.
Mit dieser Regelung ist insbesondere eine sehr unterschiedliche Gewichtung zwischen Familienarbeit und beruflicher Verpflichtung möglich, zumal auch noch – zumindest in HH – bei Teilzeitkräften mit bis zu 75% der Anspruch auf einen unterrichts(!)freien Tag besteht und bis zu 66 % sogar auf deren zwei. Dazu wurde 2003 eine Dienstvereinbarung zwischen den Personalräten und der Behörde abgeschlossen, die bis heute gilt.

Diese Regelungen ermöglichen innerhalb des Berufslebens auch eine häufige (jährliche) Neuausrichtung der persönlichen Belastung, insbesondere wenn Belastungsfaktoren außerhalb der beruflichen Sphäre vorhanden sind.

Arbeitsspitzen und Ferienregelung
Diese Teilzeitmöglichkeiten könnten sich auf die Gesundheit der Lehrkräfte sehr positiv auswirken, gäbe es da nicht die äußerst ungleiche und damit ungesunde Verteilung der Arbeit über das Jahr mit extremen Arbeitsspitzen und komplementären Ferienzeiten. Das Zusammendrängen der durchschnittlich 1770 Jahresarbeitsstunden auf 38,5 Schulwochen - vorausgesetzt man will die 12 Wochen Ferien arbeitsfrei halten - dürfte alles andere als gesundheitsfördernd gelten. Andere Organisationsformen der Verteilung der Arbeit über das Schuljahr sind allerdings gegenwärtig unter Lehrkräften nicht einmal diskutierbar, obwohl es entsprechende Beispiele gibt:

- Z.B. wäre es denkbar, bestimmte Prüfungsblöcke von Schülerinnen und Schülern in die Ferien (wie in Frankreich) zu legen, um die Ballung solcher Zeiträume mit dem Kerngeschäft zu vermeiden. Bestimmte Lehrkräfte wären dann ggf. umschichtig in Ferienzeiten tätig, hätten dann aber nicht mehr solche extremen Arbeitsspitzen wie gegenwärtig während des Abiturs oder anderer Prüfungen in Kombination mit ihren regelhaften Unterrichtsverpflichtungen.

- Auch könnten Präsenztage am Ende der Sommerferien (gibt es in HH) die unsägliche Konferenzflut während der Unterrichtstage entzerren.

- Auch gibt es einzelne Schulen, wo durch Konferenzbeschluss sich alle Lehrkräfte verpflichtet haben, in einer Woche der Ferien gemeinsam standardisierte Unterrrichtsmaterialen zu erstellen, die digital vorgehalten dann die Unterrichtstage entlasten könnten. Hierin läge zudem ein ungeheures Rationalisierungspotential, um mehr Zeit für die individuelle Betreuung und Unterstützung der Kinder bei ihrem Lenrprozess haben zu können.

Aber bei dieser Frage gibt es nicht nur Strukturkonservativismus auf Lehrkraftseite, sondern vor allen Dingen auch ein erfahrungsbasiertes Misstrauen der Lehrkräfte gegenüber dem behördlichen Arbeitgeber, dem unterstellt wird, auf eine solche Weise noch mehr Arbeit in die Kollegien hineinzudrücken.

In Hamburg: Sabbatjahrmodelle
Ebenfalls sehr positiv sind die mittlerweile überall etablierten Sabbatjahrmodelle, die ein in der Regel einjähriges Ausscheiden der Lehrkraft ermöglichen, indem in den Vorjahren durch eine geringere Bezahlung bei voller Arbeit soviel Geld angespart wird, dass die gleichförmige Bezahlung der Lehrkraft auch im Freistellungsjahr erfolgen kann. Selbstverständlich ist dies auch mit Einbußen bei den Altersanwartschaften verbunden, der Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung/Beihilfe bleibt allerdings bestehen.
Auch dieses Modell kann sich auf die Gesundheitserhaltung während des gesamten Arbeitslebens sehr positiv auswirken.

Viele Lehrkräfte nutzen das Sabbatjahrmodell auch für ein früheres Ausscheiden vor Erreichen der Altersgrenze, indem sie ein oder gar mehrere Jahre durch vorherige Vollzeitarbeit ansparen. Vorteilhaft dabei ist, dass die Absicherung über die Beihilfe (bei beamteten Lehrkräften) in der Regel weiterläuft und die hohen lebenslangen Abschläge infolge einer vorzeitigen Pensionierung abgemildert oder gar ganz verhindert werden können.